Zu heiß, zu kalt

Hilfe, es zieht! – Wie wir die Temperaturen in unseren Zügen regeln

Fenster auf oder besser nicht? Vielleicht fragt Ihr euch auch manchmal, wieso man in manchen Zügen die Fenster aufmachen kann und in anderen nicht. Das hängt unter anderem auch mit unserer Klimatechnik zusammen. Wir bringen Licht ins Dunkel und frischen Wind in den Zug!

Zu heiß, zu kalt: Der eine Fahrgast würde am liebsten im Zug alle Fenster aufreißen, während es dem anderen unangenehm zieht. Wärme und Kälte empfindet jeder anders. Wie gehen wir mit den unterschiedlichen Wünschen und Empfindungen um?

Zwei Baureihen mit und ohne  

In unserer neuen Baureihe 490 haben wir moderne Klimatechnik verbaut. Diese funktioniert aber nur, wenn die Fenster geschlossen bleiben. In den Zügen der älteren Baureihe 474 gibt es keine Klimaanlage. Hier können die Fahrgäste die Fenster öffnen.

„Heute würde wohl niemand mehr Züge ohne Klimatechnik bauen“, sagt Marco. Marco ist Leiter Fahrzeugtechnik und Baureihenmanagement bei der S-Bahn Hamburg und in dieser Funktion für die Technik in den Zügen verantwortlich.

Zusammen mit seinem Kollegen Thomas wertet er sowohl die Daten aus, die er vom Bordcomputer im Zug bekommt, als auch diejenigen, die von den Lokführern und den Fahrgästen kommen. „Diese sind eher subjektiv, aber zusammen ergibt sich ein realistisches Gesamtbild vom Zustand des Zuges“, erklärt Marco.

Kollege Thomas ist Fahrzeugtechniker und Referent für die neue Baureihe 490. „Wir prüfen die Technik und bewerten die Fahrzeugmeldungen“, erläutert Thomas, „dabei schauen wir, ob alle Geräte so laufen, wie sie sollen, und wo Störungen auftreten.“

Analyse hilft Lösungen zu finden

Thomas und Marco analysieren die Werte und Meldungen und können so herausfinden, wo und wann eine Störung besonders häufig auftritt und welche Umstände diese Störung hervorrufen. Erkennt man eine Systematik, hilft dies, vorab Maßnahmen zur Vermeidung einzuleiten oder ein Fahrzeug rechtzeitig aus dem Betrieb zu nehmen und es zu reparieren.

„Auffälligkeiten und Häufungen, die vom Fahrzeug gemeldet werden, sind nicht immer Störungen“, sagt Thomas. Auch wenn die Klimatechnik einigen Sicherheitsvorgaben unterliegt: In den seltensten Fällen muss deshalb ein Zug gleich in die Werkstatt gebracht werden.

„Unsere wichtigste Aufgabe ist es, den Fahrgast sicher und pünktlich an sein gewünschtes Ziel zu bringen“, erklärt Thomas, „wenn der Zug das trotz ausgefallener Klimaanlage schafft, lassen wir ihn auch fahren. Wir haben auch nicht überall im Netz eine Werkstatt zur Verfügung.“

Wie wird die Temperatur im Zug geregelt?

Eine Klimaanlage regelt die Temperatur im Fahrzeug. Die Luft im Fahrgastraum wird erwärmt oder abgekühlt. Dabei verbraucht sie Energie, die von der Fahrzeugenergie zur Verfügung gestellt wird. „In unseren Zügen verbraucht die Klimaanlage etwa ein Sechstel der Fahrzeugenergie“, erläutert Marco, „das ist im europäischen Vergleich ein sehr guter Wert.“

Gemäß einer Empfehlung des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen sollte die Klimaanlage den Innenraum eines Zuges um nicht mehr als 6 Grad gegenüber der Außentemperatur herunterkühlen. Der menschliche Körper kann diesen Temperaturunterschied gut vertragen und empfindet ihn als Abkühlung.

Mehr Menschen – mehr Wärme

Auch die Fahrgäste bringen Körperwärme mit. Marco erklärt dies anhand eines anschaulichen Beispiels: „Jeder Mensch strahlt durchschnittlich eine Wärmemenge von etwa 2,9 Kilowattstunden aus. Bei 100 Fahrgästen sind das 290 Kilowattstunden. Das reicht aus, um eine 100 Quadratmeter große Wohnung zu heizen.“

Die S-Bahn Hamburg transportiert etwa 750.000 Menschen pro Tag. Viele Menschen, die gleichzeitig an einer belebten Station einsteigen, heizen den Zug auf. Aussteigende Fahrgäste nehmen kühle Luft mit nach draußen.

Wenn einzelne Fahrgäste an weniger belebten Stationen in einen eher leeren Zug einsteigen, werden sie die Temperatur im Innenraum des Zuges als kühl empfinden.

„Das subjektive Empfinden merken wir ganz deutlich an den Nachrichten, die uns unsere Kund:innen schicken“, meint Marco. Deshalb prüfen sie bei Kundeneingaben immer, wo die Fahrgäste eingestiegen sind und zu welcher Zeit. Mit der eigentlichen Funktion der Klimaanlage muss die Kundeneingabe nicht zwingend zusammenhängen.

Optimal kühlen

Redesign 474

Moderne Technik im 490

In unseren Zügen der Baureihe 490 haben wir zwei Klimaanlagen pro Zug (ein Zug = drei Wagen) verbaut. Bei einer Wartung prüft das Team der Werkstatt, ob alle Komponenten, wie etwa Sensoren und Lüfter, wie vorgeschrieben funktionieren.

Ist ein Zug erst einmal im Betrieb, haben die Techniker keinen Einfluss mehr auf die Geräte. Diese werden komplett durch den Bordcomputer gesteuert, der vorab mit den vorgegebenen Werten eingestellt wird.

„Das Ganze“, erläutert Thomas, „ist ein geschlossenes System, das sich selbst reguliert und auf alle Eventualitäten reagiert.“ Richtwert für das System ist 20 Grad. Fällt die Temperatur darunter, heizt die Anlage, haben wir über 20 Grad, kühlt es den Zuginnenraum auf 20 Grad ab.

„Wenn wir Temperaturen ab 27 Grad haben“, erklärt Thomas weiter, „kühlt das System die Luft mit einem Temperaturunterschied von 6 Grad herunter.“ Diese Einstellung bleibt sommers wie winters gleich.

Fenster öffnen stört den Luftstrom

Marco und Thomas

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