Wir machen den Weg frei

Von Fahrdienstleitern und Fahrstraßen

20. März 2024 – Marion Meier

Wer sagt dem Lokführer, wann und auf welchem Gleis er in einen Bahnhof einfahren darf, und sorgt für einen sicheren und pünktlichen Zugverkehr? Das sind die Fahrdienstleiter:innen auf unseren Stellwerken. Wir sagen Euch, wie so etwas funktioniert und stellen Euch drei von Ihnen vor.

Insgesamt gibt es bei der S-Bahn Hamburg 15 Stellwerke aus vier verschiedenen Epochen: ein mechanisches in Sülldorf, elektromechanische wie Klein Flottbek und Blankenese, Spurplanstellwerke wie Wedel und Elbgaustraße und elektronische wie Bergedorf und Ohlsdorf.

Unsere Stellwerke: Elbgaustraße...

...und Hochkamp

Zwei Arbeitsplätze

"Sicherheit vor Pünktlichkeit"

Abschnitt für Abschnitt 

Was im Job wichtig ist

Keine Mechanik mehr: das Stellwerk Elbgaustraße

Wie es funktioniert

Ein Spurplanstellwerk funktioniert rein elektrisch. Dabei ist jedem Fahrwegelement – Gleisabschnitte, Weichen, Signale, etc. – eine Relaisgruppe zugeordnet, die mit den anderen Gruppen durch Kabel verbunden ist.

„Idealerweise geht alles gemäß Regelbetrieb“, sagt Andreas. "Wir bekommen unsere Fahrpläne und wissen, wann welcher Zug einfahren soll.“ Über die Zugnummernmeldeanlage sehen die Fdl, welcher Zug sich aktuell wo befindet.

Starke Nerven sind erwünscht

In Elbgaustraße werden außerdem Züge bereitgestellt und abgestellt, da dort der Start- und Endhaltepunkt für die S5 ist. All dies erfordert viel mehr Disposition als bei anderen Stellwerken.

Fdl arbeiten sehr lösungsorientiert und fokussieren sich auf die gegenwärtige Aufgabe. „Wir brauchen starke Nerven“, betont Andreas. Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, das Unwichtige dann auch ausblenden zu können und sich auf das Wesentliche konzentrieren, das sei das A und O.

Gab es ein Highlight?

„Oh ja“, grinst er. Gleich an seinem 2. Arbeitstag in Sülldorf musste er eine große Störung bewältigen. „Ich musste direkt alles abrufen“. Dies erfolgreich bewältigt zu haben, hat ihm eine große innere Befriedigung gegeben und lässt ihn an Störungen recht entspannt herangehen.

Allen Fdl ist die Verantwortung bewusst. Bei Schichtende gibt er oder sie diese aber auch wieder ab. Das findet Andreas gut: „So nimmt man auch nicht so viel von der Arbeit mit nach Hause“.

Das modernste: das elektronische Stellwerk in Ohlsdorf 

Genauso sieht es auch Viktorija. Sie ist seit 2018 bei der S-Bahn. Die gebürtige Litauerin war vorher im Gastro-Gewerbe und suchte einen sicheren Job. Sie brachte keinerlei Vorkenntnisse mit und hatte keinen großen Bezug zur Bahn.

„Ich habe ein bisschen recherchiert und fand die Stellenanzeige interessant“, lächelt sie. Was sie in der Ausbildung erwartete, wusste sie nicht. „Am Anfang musste ich mich erst einmal durchbeißen“, erinnert sie sich.

Fahrdienst mit Springerfunktion

Heute ist sie Fahrdienstleiterin in Springer-Funktion und arbeitet auf den Stellwerken Ohlsdorf und Poppenbüttel. Ohlsdorf ist ein modernes elektronisches Stellwerk (ESTW), Viktorijas Job findet daher fast ausschließlich am Computer statt.

Als Springer wird Viktorija immer dann eingesetzt, wenn Not am Mann ist, sprich Personal fehlt, vor allem als Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Das erfordert äußerste Flexibilität. Planen kann sie aber trotzdem, denn niemand verlangt, dass sie alles stehen und liegen lässt, wenn sie einen Anruf erhält.

Flexibilität ist Trumpf

Ein bis zwei Wochen im Voraus bekommt Viktorija in der Regel ihren Dienstplan. Sie schätzt einerseits die Sicherheit der Arbeitsstelle und andererseits die Abwechslung im Job. „Jeder Tag ist anders“, sagt sie. Für die Streckenplanung gibt es mehrere Monitore, die den Fahrtweg anzeigen.

In Ohlsdorf arbeiten, ebenso wie im Stellwerk Elbgaustraße, in der Regel drei Mitarbeiter:innen gleichzeitig, nachts und an den Wochenenden sind es zwei. Jede:r hat ihren/seinen Abschnitt, den er oder sie betreut. Die Meldungen für diesen Abschnitt laufen dann auch nur an diesem Schreibtisch auf.

„Trotzdem sagt natürlich keiner ‚nicht mein Tisch‘“, lacht Viktorija, „wir übernehmen bei Dienstantritt unseren Arbeitsplatz und wenn etwas reinkommt, arbeiten wir das gemeinsam ab“. Das ist echte Teamarbeit.

Am wichtigsten: gute Nerven!

Viktorija findet, dass neben Teamfähigkeit, Flexibilität, Belastbarkeit das Bewusstsein, dass dort Menschen in den Zügen sitzen, das Wichtigste in ihrem Job ist. Und ein gutes Nervenkostüm.

„Am Anfang hatte ich schon ganz schön Herzklopfen“, erinnert sie sich an ihre Anfangszeit. „Aber mit jeder Störung, die man meistert, bekommt man mehr Routine und wird immer sicherer“.

Seit Ende Januar übernehmen die Kolleg:innen im Stellwerk Ohlsdorf auch den Abschnitt von Barmbek bis Landwehr. Darunter fällt auch das neue Stellwerk Hasselbrook, das über Ohlsdorf gesteuert wird. Auch Viktorija wurde auf diese neue Technik geschult.

Was ist ein guter Tag für dich?

„Wenn ich eine Störung sauber abgearbeitet habe und bei Schichtwechsel alles ordentlich übergeben kann“, sagt Viktorija. „Alles, was in meinem Verantwortungsbereich liegt, muss sauber sein“, so ihre Überzeugung.

Fahrdienstleiter:innen sind in der Regel besonnene Menschen, die einen wichtigen Job haben. Alle sind sich einig, dass man alle fachlichen Aspekte lernen kann. Wichtiger seien aber eine starke Persönlichkeit und ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein.

Anne, Andreas und Viktorija mögen ihren Job und fühlen sich angekommen. Wer sich weiter entwickeln will, hat gute Karrierechancen. Die elektronischen Stellwerke (ESTWs) sind die Zukunft und erfordern spezielles Fachwissen. Vielleicht wird aber auch der Wunsch geweckt, andere Bereiche des Bahnbetriebs kennenzulernen. Alles ist möglich.

Wer weiß, was noch kommt, ich lass' mich vom Leben überraschen! (Viktorija)

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